Mittwoch, 30. Januar 2008

I'm a rabbit in your headlights

Nicht, dass ich mir ständig Musikvideos anschauen würde. Irgendwie existieren auch sehr wenige, die originell und sehenswert sind. Jene, die auf MTViva dauerrotieren sind ohnehin nicht von Interesse. Musikvideos mit einstudierten Choreografien und Background-Tänzern sind so langweilig wie Plattencover mit dem Abbild des Sängers/ der Band. Es ist Verschwendung.

Der folgende Clip zu "Rabbit In Your Headlights" von UNKLE & Thom Yorke (vom Album Psyence Fiction) ist möglicherweise der Beste, den ich bisher gesehen habe. Der Song ist ebenfalls sehr hörenswert. Jonathan Glazer, der auch schon Videos für u.a. Radiohead & Massive Attack gedreht hat, ist für die Bilder verantwortlich.



I'm a rabbit in your headlights
Scared of the spotlight
You don't come to visit
I'm stuck in this bed

Thin rubber gloves
She laughs when she's crying
She cries when she's laughing

Fat bloody fingers are sucking your soul away
(Away....away....away....)

I'm a rabbit in your headlights
Christian suburbanite
Washed down the toilet
Money to burn

Fat bloody fingers are sucking your soul away

Sample aus dem Film Jacob's Ladder (kommt nicht im Video vor) :
If you're frightened of dyin' and you're holding on..
You'll see devils tearing your life away.
But...if you've made your peace,
Then the devils are really angels
Freeing you from the earth.....from the earth....from the earth


White worms on the underground
Caught between stations
Butterfingers
I'm losing my patience

I'm a rabbit in your headlights
Christian suburbanite
You got money to burn....

Fat bloody fingers are sucking your soul away.....
Away, away, away,
Away, away, away.



Noch ein weiteres interessantes Video, diesmal von Einstürzende Neubauten. "Sabrina" vom Album "Silence Is Sexy". Regisseur ist John Hillcoat ( u.a. Nick Cave, Depeche Mode, Siouxsie & The Banshees, Placebo etc.)




Falls ihr irgendwelche Gedanken zu den Videos habt: Immer her damit.

Dienstag, 8. Januar 2008

Irréversible

"Le temps détruit tout" - Die Zeit zerstört alles. Eine Schlussfolgerung, die ein beleibter, kaum bekleideter Mann trifft nachdem er seine Vergangenheit reflektiert. Zusammen mit einem anderen Mann sitzt dieser auf einem Bett in einem spärlich eingerichteten Zimmer und berichtet wie das inzestuöse Verhältnis zu seiner Tochter sein Leben zu dem gemacht hat, was es ist. Eine gescheiterte Existenz.

So beginnt Gaspar Noés "Irréversible". Der Beginn des Films ist gleichzeitig das Ende der eigentlichen Handlung. Es ist nicht zu viel verraten, wenn ich hier schreibe, dass die Handlung in umgekehrter Reihenfolge erzählt wird, ähnlich wie in Memento.

Die Kamera schwenkt durch den Hof, einige Etagen tiefer, zum Eingang eines Clubs aus dem 2 Männer in Handschellen herausgeführt werden. Es folgt eine der verstörendsten und härtesten Einführungen, die ich in einem Film gesehen habe. Getrieben von blinder Rachsucht eilt Marcus, eine der drei Hauptfiguren des Films, auf der Suche nach dem Vergewaltiger seiner Freundin Alex durch die Gänge des Schwulenclubs Rectum. Umgeben von Rotlicht, monoton-verstörenden Geräuschen und Männern, die ihren sado-masochistischen Fantasien nachgehen. Die
hektischen Kamerabewegungen intensivieren die ohnehin schon düstere, brutale und abgründig wirkende Atmosphäre.


Bei diversen Premieren sind die Zuschauer massenweise und voller Empörung aus den Kinos geflüchtet. Auch im Internet findet man viele Meinungen, die den Film als "abstoßend" oder den Regisseur sogar als "kranken Menschen" bezeichnen. Die dafür ausschlaggebenden Szenen sind tatsächlich nichts für schwache Nerven.

Als Finale der ersten Sequenz wird einem Mann im Club der Schädel mit einem Feuerlöscher zertrümmert. Noés Kameraführung kennt keine Gnade, schwenkt nicht weg, blendet nicht aus. So auch in der der Szene, die der Dreh- und Angelpunkt des Films ist. Die Vergewaltigung von Alex, die in einer ca. 10 Minuten langen Sequenz inszeniert wird. Absolute Stille, keine Bewegung der Kamera, keine Schnitte (der ganze Film kommt ohne Schnitte aus). Der Focus liegt auf dieser einen Szene. Hart, menschenverachtend und brutal.


Was die Härte und Brutalität dieser Szenen ausmacht ist allerdings die Nähe zur Realität. Noé zeigt, was andere nur andeuten. In Internetrezensionen fallen oft Worte wie "pervers", "sinnlos", "krank". Das allerdings ist es, was Noé zeigen will. Selbstverständlich ist eine Vergewaltigung krank, pervers und sinnlos. Es ist ein Armutszeugnis, dass Menschen sich von solchen Dingen erst dann angewidert und angegriffen fühlen, sobald man sie ihnen vor Augen hält. Die Vergewaltigungen, über die in der Zeitung oder im Fernsehen Tag für Tag berichtet wird, werden allerdings eher ausschließlich informativ aufgenommen. Es ist ein Abbild der Realität, das die meisten Menschen nicht sehen oder akzeptieren wollen. Sinnbild dafür ist der Mann, der im Hintergrund auftaucht, sich die Szene ein paar Sekunden lang ansieht und wieder verschwindet.

Selbstverständlich ist es krank, sinnlos und pervers einem Menschen vor Wut den Schädel einzuschlgen. "Irréversible" zeigt wie ein Mensch die Kontrolle verliert, wie er seinen Instinkten nachgibt. Die Sinnlosigkeit gipfelt darin, dass Marcus, der den Club vergeblich nach dem Vergewaltiger abgesucht hat am Ende einen Mann angreift, der nichts mit dem Vorfall zu tun hat. Er weiß weder, dass er es ist noch, dass er es nicht ist. Spätestens nachdem sofort am Anfang ein Unbeteiligter diesem blinden Hass brutal zum Opfer fällt, muss man sich als Zuschauer mit der Nachricht, die der Film vermitteln will auseinandersetzen.

Statt plumpe Argumente wie "Sowas darf man nicht zeigen" oder "pervers, krank, sinnlos" anzubringen, sollte man sehen, dass Noé bewusst solche Szenen benutzt um aufzurütteln. Ja, es ist schonungslos, es ist brutal und anstoßend. Aber es ist keinem kranken Hirn eines kranken Mannes entsprungen, es ist aus der Realität übernommen.

Gaspar Noé hat einen atmosphärisch dichten Film geschaffen, der Ursache und Wirkung immer durchdacht miteinander verknüpft, indem er die Gewalt eben nicht verherrlicht, sondern die Ursache analysiert und die Sinnlosigkeit der Reaktion zeigt, die die Vergangenheit doch nicht umkehren oder ungeschehen machen kann. Ein Film, der erschreckend Realitätsnah ist und zeigt wie tief Menschen fallen können. Selbst die "schönen" Szenen am Ende - die ja eigentlich der Beginn sind - werden von den Ereignissen überschattet und zeigen, dass es nicht immer nur "die Anderen" trifft, dass jede idyllische Existenz in einem Moment auseinandergerissen werden kann. Le temps détruit tout.

Samstag, 5. Januar 2008

Discomusik

Wenn man in eine gewöhnliche Disco geht, darf man die musikalische Messlatte entweder nicht zu hoch ansetzen oder die Musik gar nicht erst beachten. Alles andere endet in den meisten Fällen leider mit einer Enttäuschung. Vielleicht hilft vor der Abfahrt ein Blick in das Programm um zu wissen worauf man sich letztendlich stundenlang herumprügeln muss. Crossover, Charts, 80er, 90er, Rock oder doch vielleicht House. Im Endeffekt ist es auch egal, denn ganz gleich welches Genre denn am Abend Thema ist, die Songauswahl ist 1.) grausam und 2.) jedes mal gleich.

Jemand, die/der noch nie Musik gehört hat, könnte bei einem 80er Abend denken, dass dieses Jahrzent ein musikalisches Moloch war. Von den 90ern möchte ich gar nicht erst sprechen. Man fühlt sich wie einer der schlechten Shows eines großen Privatsenders.

So weit, so schlecht. Das nächste Phänomen betrifft die DJ/anes oder die, die sich so nennen. Ich denke jeder, der regelmäßig in einer größeren Disco ist, muss irgendwann feststellen, dass die gespielten Lieder nicht nur regelmäßig immer und immer wieder bis zum Erbrechen gespielt werden, nein, in ganz schlimmen Fällen kann man sogar die Uhrzeit voraussagen zu der ein bestimmter Song gespielt wird. Time Of My Life kurz nach Mitternacht zu spielen ist weder passend noch originell.

Als Discobesucher ist es einfach diesen nervigen Abenden aus dem Weg zu gehen. Entweder gar nicht erst hingehen, den Laden frühzeitig verlassen oder an der Theke stehen und Nörgeln, wenn man die Konfrontation bevorzugt. Wie zum Teufel aber hält es ein/e DJ/ane Abend für Abend, Woche für Woche aus. Überkommt einen nicht das Gefühl absolut nutzlos und entbehrlich zu sein?

Ich meine, es wäre möglich 3-4 CDs (oder DVDs) mit gleichen Songs abzumischen, die vielleicht in ihrer Reihenfolge variieren und aufzulegen. Die Wünsche der Besucher sind ohnehin völlig überflüssig, da die gewünschten Songs entweder nicht gespielt werden können, weil sie zu exotisch sind, oder ohnehin schon für den Abend eingeplant sind. Merkwürdigerweise wünscht sich der großteil des Publikums auch gar nichts anderes und feiert es ab zum 1000sten mal Down with the Sickness zu hören. Selbst der beste Song, das beste Album, die einfallsreichste Melodie ist irgendwann kaputtgehört. Es ist bloß eine Frage der Zeit, bis man eine kleine oder große Pause davon braucht. Das ist nicht nur in Discos der Fall, sondern auch auf dem heimischen Plattenteller.

Wladimir Kaminer schreibt in seinem Buch "Russendisko" etwas interessantes über DJ/anes. Er unterteilt DJ/anes in drei Arten (ich weiß nicht mehr wie er sie genau nennt): Solche, die den ganzen Abend auf der sicheren Seite fahren und das Publikum mit dem ganzen abgedroschenen Kram füttern, den es verlangt. Solche, die ein experimentelles Programm spielen, vielleicht auch nur ganz selten einen Song doppelt verwenden und dem Publikum nur unbekannte Songs vorwerfen. Ab und zu sicher ganz gut, auf Dauer aber auch nicht unbedingt Stimmungsfördernd. Und siehe da, wer hätte es gedacht! Die Mischung macht's! Bekannte Songs, die einen vielleicht auf die Tanzfläche treiben, Unbekanntes zum Entdecken. Diese Mischung verhindert Langeweile bei Stammgästen, vertreibt keine neuen Besucher und lockt vielleicht sogar noch neues Publikum. Vor allem ist es, meiner Meinung nach, auch das, was der Position des/der DJ/ane Sinn verleiht und am DJ/ane-sein den meisten Spaß macht.